Lyrik

Verlorener Zwilling | Wegbegleitung | Spuren im Sand

Das Lied von der Anderwelt | Und meine Seele spannte

Die traurige Traurigkeit | Hast du gewacht | Und könnt ich für Momente

Wohin dieser Weg uns führt

Verlorener Zwilling

Seelen

so zart und weich

eng verbunden

nur für kurze Zeit

damals

gemeinsam

im Mutterleib

warm und fühlend

geborgen

und dann

Seelenschicksal

dein Seelenweg

alleine zurück

wo alles Leben beginnt

mein Seelenweg

alleine hier

ich

immer auf der Suche

auf der Suche

wonach?

nach einem Teil

meiner Seele

heute

Seelenbegegnung

unsere Seelen

dürfen heilen

deine – meine

jetzt

ein neuer

Lebensfluss beginnt

Inge Danke September 2013

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Wegbegleitung

Ich kann deine Ängste
nicht tragen,
von deinem Schmerz
dich nicht befreien,
dir die Last der
Vergangenheit
nicht nehmen,
die Trauer aus deinem
Herzen nicht verbannen,
von der Einsamkeit
dich nicht erlösen – doch ich
gehe gerne an deiner Seite:
reiche dir meine Hand,
damit Angst und Schmerz
dich nicht überwältigen;
gebe dir das Versprechen,
dass nichts zu
schwer sein wird,
als dass du es vor mir
nicht zeigen dürftest.

Ich bin dein Wegbegleiter,
so du magst…..
Karin Kohlmann 1990

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Spuren im Sand

Eines Nachts hatte ich einen Traum:
Ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn.
Vor dem dunklen Nachthimmel
erstrahlten, Streiflichtern gleich,
Bilder aus meinem Leben.
Und jedes Mal sah ich zwei Fußspuren im Sand,
meine eigene und die meines Herrn.
Als das letzte Bild an meinen Augen
vorüber gezogen war, blickte ich zurück.
Ich erschrak, als ich entdeckte,
dass an vielen Stellen meines Lebensweges
nur eine Spur zu sehen war.
Und das waren gerade die schwersten
Zeiten meines Lebens.

Besorgt fragte ich den Herrn:
„Herr, als ich anfing, dir nachzufolgen,
da hast du mir versprochen,
auf allen Wegen bei mir zu sein.
Aber jetzt entdecke ich,
dass in den schwersten Zeiten meines Lebens
nur eine Spur im Sand zu sehen ist.
Warum hast du mich allein gelassen,
als ich dich am meisten brauchte?“

Da antwortete er: „Mein liebes Kind,
ich liebe dich und werde dich nie allein lassen,
erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten.
Dort, wo du nur eine Spur gesehen hast, da habe ich dich getragen.“
Margaret Fishback Powers

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Das Lied von der Anderwelt

Es gibt einen See in der Anderwelt,
drin sind alle Tränen vereint,
die irgendjemand hätte weinen sollen
und hat sie nicht geweint.

Es gibt ein Tal in der Anderwelt
da gehn die verschiedenartigsten Gelächter um,
die irgendjemand hätte lachen sollen
und blieb statt dessen stumm.

Und Blumen blühen in der Anderwelt,
die sind aus Liebe gemacht,
die wir uns hätten geben sollen
und habens nicht vollbracht.

Und kommen wir einst in die Anderwelt,
viel Dunkles wird dann sonnenklar,
denn alles wartet dort auf uns,
was hier nicht möglich war.

(von Michael Ende)

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Und meine Seele spannte…

…weit ihre Flügel aus.
Flog durch die stillen lande
als flöge sie nach Haus´.
(Joseph von Eichendorff)

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Die traurige Traurigkeit

Ein Märchen: von Inge Wuthe Es war eine kleine Frau, die den staubigen Feldweg entlang kam. Sie war wohl schon recht alt, doch ihr Gang war leicht, und ihr Lächeln hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens. Bei der zusammengekauerten Gestalt blieb sie stehen und sah hinunter. Sie konnte nicht viel erkennen. Das Wesen, das da im Staub des Weges saß, schien fast körperlos. Es erinnerte an eine graue Flanelldecke mit menschlichen Konturen. Die kleine Frau bückte sich ein wenig und fragte: „Wer bist du?“ Zwei fast leblose Augen blickten müde auf. „Ich? Ich bin die Traurigkeit“, flüsterte die Stimme stockend und so leise, daß sie kaum zu hören war. „Ach, die Traurigkeit!“ rief die kleine Frau erfreut aus, als würde sie eine alte Bekannte begrüßen. „Du kennst mich?“ fragte die Traurigkeit mißtrauisch. „Natürlich kenne ich dich! Immer wieder einmal hast du mich ein Stück des Weges begleitet.“ „Ja, aber…“, argwöhnte die Traurigkeit, „warum flüchtest du dann nicht vor mir? Hast du denn keine Angst?“ „Warum sollte ich vor dir davonlaufen, meine Liebe? Du weißt doch selbst nur zu gut, daß du jeden Flüchtigen einholst. Aber, was ich dich fragen will: Warum siehst du so mutlos aus?“ „Ich… ich bin traurig“, antwortete die graue Gestalt mit brüchiger Stimme. Die kleine, alte Frau setzte sich zu ihr. „Traurig bist du also“, sagte sie und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. „Erzähl mir doch, was dich so bedrückt.“ Die Traurigkeit seufzte tief. Sollte ihr diesmal wirklich jemand zuhören wollen? Wie oft hatte sie sich das schon gewünscht. „Ach, weißt du“, begann sie zögernd und äußerst verwundert, „es ist so, daß mich einfach niemand mag. Es ist nun mal meine Bestimmung, unter den Menschen zu gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen. Aber wenn ich zu ihnen komme, schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und meiden mich wie die Pest.“ Die Traurigkeit schluckte schwer. „Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich bannen wollen. Sie sagen: Papperlapapp, das Leben ist heiter. Und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot. Sie sagen: Gelobt sei, was hart macht. Und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie sagen: Man muß sich nur zusammenreißen. Und sie spüren das Reißen in den Schultern und im Rücken. Sie sagen: Nur Schwächlinge weinen. Und die aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe. Oder aber sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen.“ „Oh ja“, bestätigte die alte Frau, „solche Menschen sind mir schon oft begegnet.“ Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen. „Und dabei will ich den Menschen doch nur helfen. Wenn ich ganz nah bei ihnen bin, können sie sich selbst begegnen. Ich helfe ihnen, ein Nest zu bauen, um ihre Wunden zu pflegen. Wer traurig ist, hat eine besonders dünne Haut. Manches Leid bricht wieder auf wie eine schlecht verheilte Wunde, und das tut sehr weh. Aber nur, wer die Trauer zuläßt und all die ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden wirklich heilen. Doch die Menschen wollen gar nicht, daß ich ihnen dabei helfe. Statt dessen schminken sie sich ein grelles Lachen über ihre Narben. Oder sie legen sich einen dicken Panzer aus Bitterkeit zu.“ Die Traurigkeit schwieg. Ihr Weinen war erst schwach, dann stärker und schließlich ganz verzweifelt. Die kleine, alte Frau nahm die zusammengesunkene Gestalt tröstend in ihre Arme. Wie weich und sanft sie sich anfühlt, dachte sie und streichelte zärtlich das zitternde Bündel. „Weine nur, Traurigkeit“, flüsterte sie liebevoll, „ruh dich aus, damit du wieder Kraft sammeln kannst. Du sollst von nun an nicht mehr alleine wandern. Ich werde dich begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr an Macht gewinnt.“ Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf und betrachtete erstaunt ihre neue Gefährtin: „Aber… aber- wer bist eigentlich du?“ „Ich?“ sagte die kleine, alte Frau schmunzelnd, und dann lächelte sie wieder so unbekümmert wie ein kleines Mädchen. „Ich bin die Hoffnung.“

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Hast du gewacht

Hast Du gewacht an meinem Bett, so wach ich heut bei Dir.

Den Halt, den Du mir gegeben hast, bekommst du heut von mir.

So viele lange Jahre war uns ein Weg gemein.

So ist es nun schwer zu verstehen, soll dies das Ende sein?

Nein, ein Ende gibt es nicht, nicht hier und auch nicht dort.

Auch wenn wir Menschen sterben, wir gehen niemals fort.

Es ist ein stetes Wandern, mal im Körper, mal im Licht.

Und wo ich auch bin auf meinem Weg, DICH vergess ich nicht.

(Thomas Moor)

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Und könnt ich für Momente

Und könnt ich für Momente nur, in Deiner Nähe sein.

Flög ich her in Windeseile, brächte Dir im hellen Schein .

Eine Hand voll Glitzersterne, funkelnd hell im Mondeslicht.

Leuchten sie Dir den Weg des Lebens, verfehlst du deine Ziele nicht.

Und wenn ich wieder kehre, weit zurück ins Himmelszelt,

bleiben Dir doch stets der Glaube und das Licht auf dieser Welt.

(Thomas Moor)

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Wohin dieser Weg uns führt

Traurig so mit anzusehen, Menschen dürfen nicht mehr gehn.

Wohin sie ihre Sehnsucht zieht, Grenzen, Hass und steter Krieg.

Zerstört die Heimat, abgebrannt ist dein Haus, du bist verbannt.

Verschleppt die Familie, wo ist sie nur, Menschen sind oft blind und stur.

Auf vielen Stätten mahnen Schilder, leben auf Gespensterbilder.

Gräberfelder voller Blumen, prachtvoll schön im Sommerlicht.

Verdrängt sind all die tiefen Wunden, erinnern wollen wir uns nicht.

Nein, wir wollen gar nichts ändern, bleiben lieber blind und taub.

Vergessen, mit dem Fuss getreten, liegt die Wahrheit tief im Staub.

Nein, wir wollen uns nicht ändern, bleiben lieber taub und blind.

Anstatt uns bewusst zu werden, dass wir Kinder Gottes sind.

(Thomas Moor)

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